Webnews | Die große Datenflut – von Big Data zu Best Data | Laut des MIT kann das Training nur eines einzigen KI-Modells so viel CO2 ausstoßen wie fünf Autos in ihrem gesamten Lebenszyklus. | 25.04.2024
Das Ende des Vergleichens
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News (Spirit) Das Auto fährt mit uns! (17.06.2012) Eine moderne Grossstadt, Sonntagnachmittag, eine vierspurige Strassenkreuzung. Die Ampel steht auf Rot, rund fünfzehn Autos warten und blinken. Sie, oder vielmehr ihre Fahrer, von denen in jedem Auto einer sitzt, wollen rechts abbiegen und zeigen das an, indem sie blinken - vom Autor dieses Forums.
In jedem Auto sitzt ein Fahrer - er konnte nicht mit den anderen sprechen, und so sassen sie für eine beschränkte Zeit im Niemandsland.
Es ist ein Bild, das man sich merkt: Fünfzehn Autos stehen neben- und hintereinander in der selben Richtung, in jedem sitzt ein Fahrer, der nicht fährt, sondern blinkt, wegen einer Ampel, die auf Rot steht... Würden die Fahrer dasselbe ohne Fahrzeug machen?

Natürlich nicht, alle würden frei durcheinander laufen, einander die Hände schütteln, lächeln, sich zuwinken und weitergehen. Was ein Auto als Stellvertreter für die Maschinenwelt bewirkt, davon handelt dieser Bericht.

Man ist sich sicher: Man fährt mit dem Auto, nicht umgekehrt. Wir meinen, fahren zu können, wohin wir wollen, wann wir wollen - aber schon, wo wir wollen ist sehr eingeschränkt: Dazu mussten von der Gemeinschaft graue Asphaltbänder gebaut werden, welche die Bewegungsfreiheit der Nicht-Autofahrenden einschränken.

Aber auch die Bewegungsfreiheit der Autofahrerenden wird dadurch eingeschränkt: Sie fahren hintereinander, müssen ihr Tempo dem Vordermann anpassen oder nach einem Verkehrsschild richten, sie können nicht kreuzen, ohne ihr Tempo stark zu reduzieren, und die Kommunikation mit anderen Verkehrsteilnehmern ist auf Hupen und Blinkzeichen beschränkt.

Über all dem wacht die Polizei - anders als im normalen Leben: Wenn Du kein Auto fährst, siehst Du monatelang keinen Polizisten. Darüber denken Automobilisten vielleicht gar nicht mehr nach: Warum es in ihrem Leben so viele Polizisten gibt. Die Polizei misst die Geschwindigkeit, fotografiert die Kennzeichen und weiss, zumindest auf den landesweiten Verbindungsstrassen, über die Bewegungen der Benutzer Bescheid. Im Strassenverkehr kann es keine Freiheit geben - ohne Auto auf dem Lande jedoch schon.

Kürzlich war ein Oldtimerrennen auf einer Passstrasse in der Nähe, das mir drei wichtige Aspekte des Autofahrens gezeigt hat:

1. Die zunehmende Geschlossenheit - Während Autos bis in die dreissiger Jahre vorwiegend noch offen gefahren wurden, und man die Insassen somit von aussen sah, 'frassen' die Autos ihre Insassen zunehmend. Das Auto war zu Beginn noch ein reines Fahrgerät, dessen Fahrer zunehmend eingeschlossen und umgeben werden von Airbags, getönten Scheiben, Overhead-Displays.

2. Währenddem man bei frühen Automobilen noch den Eindruck gewinnen könnte, dass tatsächlich der Fahrer in der Kurve am Lenkrad zieht und das Gaspedal drückt, gewinnt man mit zunehmender Geschwindigkeit, ausgeklügelteren Federwegen und neuartigen Fahrassistenten auch den sichtbaren Eindruck, dass es umgekehrt das Fahrzeug ist, das mit seinen Insassen fährt!

3. In den Rennpausen war da irgendwer, der die Strasse für sich gepachtet hatte und die überall postierten Rennbegleitung anwies, Fussgänger woanders hinzuscheuchen. Das heisst, es war das Auto, das unbeteiligte Menschen von vermeintlich okkupiertem Grund vertrieb.

Das Auto verlangt seinen Platz: Praktisch jedes Haus auf der ganzen Welt hat eine Zufahrt. Wir können uns eine andere Siedlungsstruktur als eine durch Strassen zerteilte fast nicht mehr vorstellen. Ein Supermarkt steht heute frei und ist umgeben von Park- und Rangierplätzen für unsere lieben Autos. Asphaltbänder zerschneiden unsere Landschaft, für Mensch und Tier, und sie bringen Lärm und Abgase. Manche fahren zur Arbeit, damit sie sich das Fahren zur Arbeit leisten können.

Geschieht all dies für uns - oder für das Auto? - Hatten wir vor hundert Jahren nicht den selben durchschnittlichen täglichen Reiseaufwand wie heute - nur heute fahren wir weiter? Das Auto fährt mit uns, es besitzt uns, es macht Siedlungspolitik, es fördert die Abhängigkeit vom Benzin, es zerstört den Lebensraum unserer Kinder - und wir sind passiv damit einverstanden.

Und so ist es mit jeder Technologie: Du wirst ähnliche Begleiterscheinungen erkennen bei...

... der Eisenbahn: Der Fahrplan - nirgends sonst ist man dermassen von der Minute abhängig.
... der Tiefkühltruhe: Der Strom - ohne ihn verdirbt die Ware.
... der Computer: Viel Arbeit ohne Nutzen, die es vor der PC-Zeit nicht gab.
... Rockkonzerten: Erschreckend - mittlerweile kein Unterschied zu einem grossen Gefängnis.
... Fernreisen: Du bist ein potentieller Terrorist, wenn Du in ein anderes Land fliegst.

Mit jeder Technologie werden wir zusätzlich manipulierbar, und sei es nur über die Energiezufuhr. Dadurch, dass wir beim Auto dem Benzin aus dem Iran zugestimmt haben, und nicht etwa dem Hanf aus dem eigenen Garten (der zu 99 Prozent kein THC enthält) - dadurch, dass wir, mediengesteuert, nie darüber reden, ob wir Strom von lokalen Wasserwirbelkraftwerken beziehen, statt uns über AKWs zu streiten, sind wir bei aller Technologie steuerbar: Wenn 'sie' es wollen, dann haben wir den Mangel, den wir vor 50 Jahren nicht hatten...

... und dann tun wir Dinge, die wir vor 50 Jahren nie getan hätten.



Lesen Sie hierzu auch: Angst und Aggression, Individualität und Glück aus der Rubrik Spirit.

 

News (Spirit) Das Auto fährt mit uns! (17.06.2012) Eine moderne Grossstadt, Sonntagnachmittag, eine vierspurige Strassenkreuzung. Die Ampel steht auf Rot, rund fünfzehn Autos warten und blinken. Sie, oder vielmehr ihre Fahrer, von denen in jedem Auto einer sitzt, wollen rechts abbiegen und zeigen das an, indem sie blinken - vom Autor dieses Forums.
In jedem Auto sitzt ein Fahrer - er konnte nicht mit den anderen sprechen, und so sassen sie für eine beschränkte Zeit im Niemandsland.
Es ist ein Bild, das man sich merkt: Fünfzehn Autos stehen neben- und hintereinander in der selben Richtung, in jedem sitzt ein Fahrer, der nicht fährt, sondern blinkt, wegen einer Ampel, die auf Rot steht... Würden die Fahrer dasselbe ohne Fahrzeug machen?

Natürlich nicht, alle würden frei durcheinander laufen, einander die Hände schütteln, lächeln, sich zuwinken und weitergehen. Was ein Auto als Stellvertreter für die Maschinenwelt bewirkt, davon handelt dieser Bericht.

Man ist sich sicher: Man fährt mit dem Auto, nicht umgekehrt. Wir meinen, fahren zu können, wohin wir wollen, wann wir wollen - aber schon, wo wir wollen ist sehr eingeschränkt: Dazu mussten von der Gemeinschaft graue Asphaltbänder gebaut werden, welche die Bewegungsfreiheit der Nicht-Autofahrenden einschränken.

Aber auch die Bewegungsfreiheit der Autofahrerenden wird dadurch eingeschränkt: Sie fahren hintereinander, müssen ihr Tempo dem Vordermann anpassen oder nach einem Verkehrsschild richten, sie können nicht kreuzen, ohne ihr Tempo stark zu reduzieren, und die Kommunikation mit anderen Verkehrsteilnehmern ist auf Hupen und Blinkzeichen beschränkt.

Über all dem wacht die Polizei - anders als im normalen Leben: Wenn Du kein Auto fährst, siehst Du monatelang keinen Polizisten. Darüber denken Automobilisten vielleicht gar nicht mehr nach: Warum es in ihrem Leben so viele Polizisten gibt. Die Polizei misst die Geschwindigkeit, fotografiert die Kennzeichen und weiss, zumindest auf den landesweiten Verbindungsstrassen, über die Bewegungen der Benutzer Bescheid. Im Strassenverkehr kann es keine Freiheit geben - ohne Auto auf dem Lande jedoch schon.

Kürzlich war ein Oldtimerrennen auf einer Passstrasse in der Nähe, das mir drei wichtige Aspekte des Autofahrens gezeigt hat:

1. Die zunehmende Geschlossenheit - Während Autos bis in die dreissiger Jahre vorwiegend noch offen gefahren wurden, und man die Insassen somit von aussen sah, 'frassen' die Autos ihre Insassen zunehmend. Das Auto war zu Beginn noch ein reines Fahrgerät, dessen Fahrer zunehmend eingeschlossen und umgeben werden von Airbags, getönten Scheiben, Overhead-Displays.

2. Währenddem man bei frühen Automobilen noch den Eindruck gewinnen könnte, dass tatsächlich der Fahrer in der Kurve am Lenkrad zieht und das Gaspedal drückt, gewinnt man mit zunehmender Geschwindigkeit, ausgeklügelteren Federwegen und neuartigen Fahrassistenten auch den sichtbaren Eindruck, dass es umgekehrt das Fahrzeug ist, das mit seinen Insassen fährt!

3. In den Rennpausen war da irgendwer, der die Strasse für sich gepachtet hatte und die überall postierten Rennbegleitung anwies, Fussgänger woanders hinzuscheuchen. Das heisst, es war das Auto, das unbeteiligte Menschen von vermeintlich okkupiertem Grund vertrieb.

Das Auto verlangt seinen Platz: Praktisch jedes Haus auf der ganzen Welt hat eine Zufahrt. Wir können uns eine andere Siedlungsstruktur als eine durch Strassen zerteilte fast nicht mehr vorstellen. Ein Supermarkt steht heute frei und ist umgeben von Park- und Rangierplätzen für unsere lieben Autos. Asphaltbänder zerschneiden unsere Landschaft, für Mensch und Tier, und sie bringen Lärm und Abgase. Manche fahren zur Arbeit, damit sie sich das Fahren zur Arbeit leisten können.

Geschieht all dies für uns - oder für das Auto? - Hatten wir vor hundert Jahren nicht den selben durchschnittlichen täglichen Reiseaufwand wie heute - nur heute fahren wir weiter? Das Auto fährt mit uns, es besitzt uns, es macht Siedlungspolitik, es fördert die Abhängigkeit vom Benzin, es zerstört den Lebensraum unserer Kinder - und wir sind passiv damit einverstanden.

Und so ist es mit jeder Technologie: Du wirst ähnliche Begleiterscheinungen erkennen bei...

... der Eisenbahn: Der Fahrplan - nirgends sonst ist man dermassen von der Minute abhängig.
... der Tiefkühltruhe: Der Strom - ohne ihn verdirbt die Ware.
... der Computer: Viel Arbeit ohne Nutzen, die es vor der PC-Zeit nicht gab.
... Rockkonzerten: Erschreckend - mittlerweile kein Unterschied zu einem grossen Gefängnis.
... Fernreisen: Du bist ein potentieller Terrorist, wenn Du in ein anderes Land fliegst.

Mit jeder Technologie werden wir zusätzlich manipulierbar, und sei es nur über die Energiezufuhr. Dadurch, dass wir beim Auto dem Benzin aus dem Iran zugestimmt haben, und nicht etwa dem Hanf aus dem eigenen Garten (der zu 99 Prozent kein THC enthält) - dadurch, dass wir, mediengesteuert, nie darüber reden, ob wir Strom von lokalen Wasserwirbelkraftwerken beziehen, statt uns über AKWs zu streiten, sind wir bei aller Technologie steuerbar: Wenn 'sie' es wollen, dann haben wir den Mangel, den wir vor 50 Jahren nicht hatten...

... und dann tun wir Dinge, die wir vor 50 Jahren nie getan hätten.



Lesen Sie hierzu auch: Angst und Aggression, Individualität und Glück aus der Rubrik Spirit.